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Salta_Argentinien

 

Willkommen im Nordwesten Argentiniens! Um die Gegend zwischen Mendoza und der Grenze zu Bolivien, die Puna (Hochebene) an den Anden, die Geschichten der unzähligen indigenen Völker und ihren Dörfern kennen zu lernen, wohl eher, sich ihnen zu nähern, passiert man mindestens einmal Salta. Salta, la capital de la provincia Salta. – Von aussen mutet sie wie eine Grossstadt an, gross ist der Umkreis der Infrastruktur. Ebenso dicht der Verkehr, der beim Lenken eines (Miet)Autos eigenen Regeln unterliegt, welche man zuerst durchschauen muss «Generell Rechtsvortritt; wer aber zuerst bremst, hat verloren.» Unzählige Fernbusse passieren das Terminal am Stadtrand; einige fahren in die umliegenden Täler, andere sind mit «Lima» oder «Buenos Aires» angeschrieben; zum Glück bequeme semi cama-Busse. Das Zentrum der bereits 1582 gegründeten und immer wieder stark umkämpften Stadt wartet mit einer Plaza und einzigartigen Häusern im Kolonialstil auf; überraschend, beschaulich, einladend. Diese Plaza ist einerseits Magnet für einige wenige Touristen (März = Nebensaison), welche sich in der Stadt tummeln, andererseits erleben wir in diesen Tagen die Plaza als Ausgangsort und Treffpunkt der streikenden Lehrpersonen, welche zu Beginn des Schuljahres ihren Teuerungsausgleich erkämpfen. Vgl. Rubrik Schule – Für uns ist eine Plaza auch immer ein Ort, an dem sich zu verweilen lohnt. Einerseits spielen sich unendlich spannende, lustige, manchmal auch tragische Szenen ab; ein Drehbuch eines Theaters vermag es nicht, solche Szenen zu erfinden, aneinanderzureihen. - Exkurs: Wer uns via Tagebuch schon auf anderen Reisen begleitet hat, weiss, wie wir in solchen Situationen (inter)agieren: Wenn ich eine Szene nicht verstehe, erklärt mir Joseph seine Version, für mich plastisch, nachvollziehbar. Zu einem späteren Zeitpunkt kann ich die Szene wiederherstellen, selbstverständlich mit der Erklärung, welche mir «jemand» gegeben hat. Anmerkung: Funktioniert auch umgekehrt! Ein modernes Phänomen, FAKE NEWS. – Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, kommen wir sehr oft ins Gespräch. In Argentinien viel unkomplizierter, als z.B. in China. Somit verringert sich die Gefahr der FAKE NEWS zunehmend. – Die Plaza ist auch in anderen Städten und Dörfern der Ort der Manifestationen: In Salta sind es die Lehrpersonen, andernorts die Minenarbeiter, auch Weinbauarbeiter, Frauenrechtlerinnen etc. Sie teilen sich der Öffentlichkeit mittels Kundgebungen / Streiks mit. Abends ziehen Menschen mit Plakaten und Fotos um den Platz, weil sie Gerechtigkeit respektive Amnestie für die eine oder andere Person fordern. – Salta bietet für uns ein Paradies an Infrastruktur: Wäscherei, Barber, Geldautomat, Bustickets, Mietauto, etc. – Dass Salta daneben noch berühmt ist für seine peña (musica folklórica in Restaurants oder Clubs) passt auch. So hören wir die landläufigen Volkslieder der Puna zum ersten (nicht zum letzten ...) Mal.

 

Quebrada de Humahuaca_Argentinien

 

«Tenemos tiempo, wir haben Zeit» - Der Norden von Salta, ab der Provinz Jujuy (Chuchui, wie ein Juchzer ausgesprochen) ist bekannt für seine Quebrada de Humahuaca, ein unmittelbar beim Flusslauf fruchtbares Tal, welches von unglaublich schönen, fast unwirklichen Felsstrukturen und -farben flankiert ist. Kein V-Tal in den Schweizer Alpen, aber ein 150 km langes, sich in Seitentäler verzweigendes und vom breiten Rio Grande de Jujuy geprägtes Tal. Ein UNESCO- Weltkulturerbe, was Vor- und Nachteile gleichermassen beinhalten kann. Je nach Tageszeit werden die eine, respektive die andere Talseite mit wärmendem Sonnenlicht geflutet; eine Augenweide auf Grösstleinwand. – Die Seitentäler führen über Pässe zwischen 3.000 – 4.300 m.ü.M. Einige Strecken nehmen wir unter die Füsse, um ideale Sicht zu haben. In den höheren Lagen werden wir kurzatmiger, wir bewundern die Leichtfüssigkeit der Vicuñas (Lamaart), - Dörfer indigener Stämme prägen die Quebrada de Humahuaca genauso: Volcán, Purmamarca, Tilcara, Uquí, Humahuaca. (Kunst)handwerkliche Erzeugnisse (Textil, Keramik, Leder, etc.) farbenfroh und facettenreich wie die umgebende Landschaft. Kulinarisch ebenso eine neue Palette: Tamales & Humitas (Maistaschen), Cazuelas & Locro (Eintöpfe), Empanadas (Teigtaschen), … jeweils mit Gemüse oder Lama-, resp. Ziegenfleisch. – Ziegen & Lamas sind es auch, welche in dieser kargen (teils mit grossen Kakteen bestückten) Gebirgslandschaft überleben. Wenn an der (im Sommer oft überschwemmten) Flussebene Gemüse (Salat, Peperoni, Kartoffeln, Mais, Kürbisse, Bohnen) gezogen werden kann, ist die Vegetation des flankierenden Gebirges nur da ergiebig, wo sich ein Bergbach hinunterschlängelt.

 

Beobachtungen: Wenn wir die Route der meist besuchten Dörfer verlassen und uns auf Nebenwegen bewegen, fallen uns zwei Dinge ins Auge: Ein typisches Dorf, sei es auch noch so klein, besteht immer und mindestens aus einer Schule (escuela provinical no 4292), einer katholischen Kirche, einem überdimensional (oft Originalgrösse) Fussballplatz, einem Gemeindeplatz (meist mit Baum und zwei Fahnenstangen). Mindestens zwei weitere Häuser sind auf Platz. Die weiteren, dem Dorf / Weiler angehörenden Familien leben in einem grossen Umkreis in oft höchst bescheidenen Behausungen. – Wenn wir in diese Dörfer kommen, ist niemand da. «Die verschwinden, wenn wir kommen.» Das wäre eine mögliche Erklärung. Siesta (bei den Tagestemperaturen!), eine andere. – Viele Behausungen sind jedoch verschlossen, kaputt, ohne Tier, ohne Lebenszeichen, nada. – Landflucht als Generationenphänomen oder Ausdruck der grossen Wirtschaftskrise in Argentinien? – Da niemand da ist («Die verschwinden, wenn wir kommen.»), können wir unsere Vermutungen nicht verifizieren.

 

gente

pueblos

Valles Calchaquíes

 

«Tenemos tiempo, wir haben Zeit» - Wir passieren Salta zur Mittagszeit («Generell Rechtsvortritt; wer aber zuerst bremst, hat verloren.») ohne Halt (!), müssen aber wegen streikenden und die Strasse blockierenden ???-Arbeitern Umwege durch Quartiere (mit unzähligen Rechtsvortritten) machen.

 

Der Süden von Salta eine unendliche Vielfalt von Vegetationen auf engem Raum. Farbige Gebirgsketten trennen feucht, fast subtropisches Klima von trockenem Steppenklima. Wiederum Pässe auf Höhen von 3.000m.ü.M. – Auf der legendären Ruta 40 (Teile befuhren wir schon im Süden Argentiniens) entdecken wir die wiederum interessanten, wenn auch anders erscheinenden Dörfer der Valles Calchaquíes: «Die Valles de Calchaquíes gehören mit ihren imposanten, zerklüfteten Landschaften, dem traditionellen Kunsthandwerk, den pittoresken Lehmdörfern und einigen der besten Weine des Landes zu Argentiniens verführerischsten ländlichen Gegenden.» - Kein Wunder treffen wir in diesen Tagen (fast) ausschliesslich argentinische Touristen, vornehmlich aus Buenos Aires an. Wenn nicht argentinisch, dann (zu unserer grossen Überraschung und v.a. in wiederholt grosser Anzahl) französische Touristen. Ansonsten ist die Saison (wir haben Herbstbeginn & somit Weinernte) schon fast vorbei.

 

Anmerkung: ADOBE; für mich ein Begriff aus der digitalen Welt. In der Beschreibung eines ursprünglichen Dorfes hat ein ADOBE-Haus eine andere Bedeutung. Oute ich mich als Banause, wenn ich zuerst über diesen Begriff stolperte? – ADOBE, also cubisch geformte Lehmhäuser mit viel Wand und kaum Fenster, ein unverkennbares Merkmal der Landschaft. Kombiniert mit Kakteen … unschlagbar!

 

Cachi, Seclantás, Molinos, Cafayate,… dies die wohlklingenden Namen typischer Städtchen in dem zitierten Wunderland. Bekannt wegen ihres Handwerks, wegen ihrer Architektur, wegen des Weins. – In Molinos bleiben wir länger, geniessen eine wunderschöne und geschichtsträchtige Unterkunft mit grossem Patio und viel argentinischem Charme. – Im Umfeld von Molinos besuchen wir auch die Bodega Colomé des Schweizer Unternehmerpaares Ursula und Donald Hess. Die Trauben wachsen auf vier unterschiedlichen Höhenstufen (1800 – 3300m.ü.M). Wir lassen uns die Produktion vorstellen, degustieren Weine…& besuchen das daneben (völlig in der Pampa!!!) errichtete Museum für und von James Turrell. - Exkurs: Wem es beim Namen James Turrell ähnlich ergeht, wie mir bei ADOBE & Haus, ein Blick in sein Schaffen lohnt sich allemal.) – So schräg das Museum in der Pampa anmutet, so umfassend ist das Erlebnis der Kombination BODEGA Colomé & Museum James Turrell; alle Sinne ansprechend.

 

«Tenemos tiempo, wir haben Zeit» - Die zwei Wochen rund um Salta, in den eben beschriebenen Umgebung wirken tiefenentspannend. Wir sind definitiv in Argentinien angekommen, schätzen und lieben die Offenheit der Argentinier (Einwohner, wie Touristen), profitieren von den herzlichen Begegnungen, tauchen ein in die faszinierende und (grössen)wahnsinnige Landschaft. – Nun sind es noch einige wenige Tage bis an die Grenze zu Bolivien. Die Fahrt von Salta via La Quiaca (Grenzort Argentinien) und Villazón (Grenzort Bolivien) nach Tupiza werden wir mit dem (Nacht)Bus zurücklegen. Wir sind gespannt auf ein neues Kapitel in unserem Bilderbuch.

 

Salinas Grandes_Argentinien

 

Einen kleinen (!!!) Vorgeschmack auf die Salzwüste um Uyuni (Bolivien) durften wir auf den auf rund 3.500 m.ü.M. liegenden Salinas Grandes erleben. – Da wächst unsere Vorfreude auf die kommende Woche im blendenden Weiss noch mehr. – Hasta luego, hasta pronto!

 

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Kommentare: 3
  • #1

    Terry Blum (Mittwoch, 27 März 2019 14:18)

    Absolut blendend, strahlend... einmalige Klarheit. Paradiesische Dimensionen!!
    geniessts ... die Hülle und Fülle. Viel Freude, herzlichst Terry

  • #2

    Zieglersw (Donnerstag, 04 April 2019 22:39)

    Las fotos son preciosas!!!

  • #3

    Heidi Hofmann (Sonntag, 07 April 2019 21:03)

    Querido José ,
    ab und zu nahm ich mir die Zeit einige Berichte zu lesen und die fantastischen Fotos zu bestaunen.
    Ich kann nur sagen , was für eine Reise , todos está único .
    Muchas Gracias y bueno retorno
    Heidi